Erfahrungsbericht

Wolltet ihr nicht auch schon mal mit zwei Robotik-Armen im Rucksack durch maltesische Küstenstädte auf einem 15€-Fahrrad zu eurer internationalen WG fahren, um bis in die Nacht mit einem Schweden bei einem Bier über das Leben zu philosophieren, während ihr an der Mechanik feilt und der Programmierung den letzten Schliff gebt, um am nächsten Tag eure Arbeit eurem Vorgesetzten zu präsentieren? Mit Erasmus+ hat Martin so seine Arbeitswelt gestaltet. Sein dreiwöchiges Praktikum auf Malta konnte seine Ausbildung um ein Abenteuer bereichern.

Martins Auslandspraktikum in Malta

Mein zweites Auslandspraktikum während meiner Ausbildung zum Mechatroniker begann etwas turbulenter, als mein erstes. 2018 hatte ich für jenes in England viel Vorlauf und schon einige Monate vor Antritt alles organisiert. 2019 war auch meine Bewerbung und das Motivationsschreiben schon längst geschrieben und der Europass-Lebenslauf aktualisiert. Von der Berufsschule hatte ich das sofortige Einverständnis. Nur mein Ausbildungstrieb machte Sorgen… Mein ehemaliger Betrieb unterstützte mich 2018 gern und befürwortete immer mein Engagement. 2019 musste ich leider meiner Unterschrift viele Monate hinterherlaufen und nach diversen Problemen bekam ich dann 3 Wochen vor geplantem Antritt meine Unterschrift. Damit hätte ich schon fast nicht mehr gerechnet. Jetzt konnte ich alles nur noch schnell an den Projektträger, die „Akademie Überlingen“, schicken und hoffen, dass für mich so kurzfristig noch alles organisiert werden konnte. Tatsächlich habe ich trotz der eiligen Bewerbung einen super Praktikumslatz bekommen und in Zusammenarbeit mit der maltesischen Partnerorganisation „Easy Job Bridge“ bekam ich auch schnell ein Zimmer in einer internationalen WG zugeteilt! Ich fand den günstigsten Flug nach Valletta. Allerdings „etwas“ entfernt aus Polen. Die Reisebus-Fahrt über Umwege nach Krakau-Flughafen machte das Praktikum jetzt schon zum Erlebnis.


In Malta angekommen wurde ich durch einen Taxifahrer der Agentur kurz vor Mitternacht freundlich empfangen und zur Wohnung gefahren. Sehr angenehm! Das Klima auf Malta und in der Wohnung erwies sich für deutsche Verhältnisse als tropisch. Am nächsten Tag ging ich zur Agentur, um mehr über mein Praktikum zu erfahren und meinen Vorgesetzten kennenzulernen. Für eine Programmierfirma sollte bzw. durfte ich zwei Robotik-Arme fertigstellen. Die Arbeit begann erst am darauffolgenden Tag, also nutze ich die Zeit, um Hamrun, Sliema und die Hauptstadt Valletta zu erkunden. In dieser Region gehen die Städte quasi ineinander über. Die Kultur erinnerte mich stark an eine Kreuzung aus mediterran mallorquinisch und arabisch. Absolut schön, gelassen und mit viel Flair. Auch die maltesische Sprache ähnelt im Klang dem Arabischen.


Unter eigener Regie stellte ich innerhalb der nächsten drei Wochen zwei funktionsfähige Robotik-Arme her. Ein Projekt, das eine Verbindung von Kunst, 3D-Druck, Elektronik, Mechanik und Programmierung darstellt.
Ich war es schon gewohnt für Projekte zu sorgen und konnte meinen Tagesablauf eigenständig planen. Beschaffung, Umsetzung und Erlernung lagen in meiner eigenen Hand! Besonders die Beschaffung von elektronischen Bauteilen und Verbundstoffen für die 3D-Druckteile gestaltete sich in einer eher touristisch geprägten Region etwas schwierig. Sehr viel Zeit verbrachte ich mit dem Suchen von bestimmten Zugfedern für die Sehnentechnik der Finger und auch mit der Suche nach einer geeigneten Sehne, die den Belastungen standhalten konnte.

Es hat außerdem einige Tage gedauert, bis ich von der maltesischen Kleinanzeigen-Website „Maltapark“ erfuhr. Ich kaufte mir, wie 2018 in England, wieder das günstigste Fahrrad der Region. Sogar der ganzen Insel. Mit dem sehr chaotischen Bussystem fuhr ich dafür an das andere Ende des Landes. Aber auf Malta ist das ja kaum mehr als eine halbe Stunde. Ab jetzt konnte ich wieder alle Wege, egal ob zur Arbeit oder nach Feierabend in die Innenstadt, mit dem Fahrrad bewältigen.

Der Auto-Verkehr in den Städten ist dort sehr „undurchsichtig“. Dort fährt tatsächlich auch fast niemand mit dem Rad. Ein Abenteuer halt.

In meiner Wohngemeinschaft mit verschiedensten Menschen verschiedenster Länder konnte ich jeden Abend interessante Gespräche führen, ein Feierabendbier teilen und wir starteten auch mal ein paar Ausflüge oder gaben uns gegenseitig Tipps für die Freizeitgestaltung.

Nach der Arbeit konnte ich den einzigartigen Inselstaat Malta erkunden mit all seiner atemberaubenden Natur und interessanten Kultur. Auch mein Schwimmtraining habe ich an eindrucksvollen in’s Meer grenzenden Pools fortgeführt. Es gibt dort sehr viele streunende Katzen! Dort berühmt als „Cats of Malta“. Die Menschen sind gelassen, jedoch manchmal etwas grimmig.

Ich habe mir meine Arbeit gut eingeteilt, habe manchmal länger gemacht, oder kam einfach später. Wie es passte und ich zurechtkam. Da mir das Herstellen und Programmieren der Robotik viel Freude bereitet hat und ich ehrgeizig an Projekte herangehe, kam ich auch gut voran, konnte mir aber gleichzeitig auch etwas Luft lassen. Nach Feierabend erkundete ich weiter die Insel, die Geschäfte, die Natur, oder entspannte einfach. An den Wochenenden nahm ich den Bus, um verschiedenste Städte zu erkunden, die malerischen Steilküsten, Grotten oder Lagunen zu sehen und besuchte mit der Fähre die nahegelegene Insel Gozo! Einige verlassene Grundmauern von Gebäuden an den schönsten Stellen Maltas, der Steilküste, haben mich fasziniert. Es gibt dort so viel zu entdecken! Die kaum bewohnte und ummauerte ehemalige Hauptstadt „Mdina“ erscheint wie eine Burgfestung und lässt über das ganze Land blicken! Mit einer Arbeitskollegin und einem Mitbewohner meiner WG haben wir ab und zu das Nachtleben Maltas mit Clubs, Bars und Konzerten genossen!

Kurz vor Ende meines Praktikums habe ich es noch zu einem von Maltas Wahrzeichen geschafft: zu der „Blue Grotto“. Ein riesiger „Torbogen“ im Fels einer kleinen Landzunge. Die Sicht vom touristischen Wanderweg aus war schon jede Reise wert, aber ich hatte noch eine bessere Idee! Über einer Schlucht gelegen, weiter weg von bekannten Pfaden, fand ich den perfekten Aussichtspunkt. Von dort aus konnte ich über die halbe Welt sehen. Diesen Anblick werde ich nie wieder vergessen und er prägt mein Fernweh nach Malta.

In den letzten Zügen meiner Arbeit nahm ich die Robotik-Arme mit zur WG, da ich für einige Arbeiten etwas mehr Zeit benötigt habe und unbedingt fertig werden wollte!

Wie zu Beginn schon angedeutet, waren dies sehr besondere und einfach wahnsinnig tolle Wochen meiner Ausbildung und ich werde mich immer an die Gespräche mit dem Schweden erinnern und an seine Blicke, als die Hände anfingen sich menschlich bewegen zu können! Mein Vorgesetzter war begeistert und sehr zufrieden mit den fertiggestellten Unterarmen und das machte den Abschluss perfekt. Der Abschied von den Kolleginnen im Büro der Agentur war schon fast schmerzhaft und ich wäre sehr gerne noch einige Wochen geblieben. Wir hatten tolle Arbeitstage, verstanden uns super und ich wurde gern integriert. Meine Abschlussprüfung der Lehre ließ mir leider nur diese drei Wochen.

Malta ist ein Land, das ich unbedingt noch einmal besuchen will und das mich durch seine Menschen, die Kultur, Natur und sein Flair fasziniert hat! Es ist jeden Besuch wert und auch ein sehr guter Tipp für ein Erasmus+-Auslands-Praktikum.

Welchen Tipp würdest du anderen Jugendlichen mit auf den Weg geben?
Erlebt kulturelle Vielfalt im Berufsleben und entscheidet euch für ein Land, das euren Interessen entspricht und gleichzeitig das gewisse Etwas hat! Traut euch einen Kultur-Schock zu!

Was ist dein Fazit?
Die Erfahrung von Erasmus+ auf Malta war für mich unvergesslich und sehr wertvoll für meine Persönlichkeit! Man entwickelt sich zum einen natürlich fachlich weiter und kann oft außerhalb deutscher Tätigkeiten arbeiten, um sich somit weiterzubilden. Zum anderen gewinnt man eine Menge an Erfahrung, Sicherheit und entwickelt sich stark weiter im sozialen Umgang. Man wird viel professioneller im Auftritt und kann so einen sicheren Umgang im Alltag, mit neuen Kollegen oder mit Kunden pflegen.